Man mag es angesichts des dramatisch schnellen Wandels in der Kommunikationslandschaft in den vergangenen 15 Jahren für paradox halten, im Jahre 2021 weiterhin auf die Chancen des digitalen Wandels hinweisen zu müssen – und doch scheint es die Ausgangslage notwendig zu machen. Viel zu zögerlich und zurückhaltend wird hierzulande agiert, der “Online-First”-Gedanke nur als vages Konzept wahrgenommen.
Zeichen der Zeit verstehen
Das es auch anders geht, beweisen zahlreiche – ja, hierzulande darf man sie durchaus noch als solche bezeichnen – Vorreiter. Unternehmen, die nicht länger gewillt sind, einem “Wir-haben-es-immer-schon-so-gemacht”-Gespenst nachzujagen – sondern mutig in festgefahrene Strukturen eingreifen, notwendige Akzente setzen und eine neue strategische Ausrichtung verankern. Das mag in einem ersten Schritt mitunter unorthodox sein, ja vielfach sogar auf Unverständnis stoßen – aber, in Anbetracht einer nachhaltigen und zukunftsfähigen Unternehmensentwicklung, essentiell. Das gilt längst nicht nur für Unternehmen, sondern allen voran auch für Organisationen, Institutionen und die öffentliche Verwaltung. Ein Beispiel für letztere? In der Marktgemeinde Hard hat man vor einigen Jahren die Erfordernisse der Zeit verstanden – und das, obwohl in der Kommune kein “Digital Native” den Anstoß für eine entsprechende Weiterentwicklung gegeben hat.
Erster Schritt auf Facebook
Die eigene Facebook-Seite war und ist für die Marktgemeinde Hard ein erster Schritt in eine adaptierte Kommunikationswelt – kann und wird aber nicht der letzte bleiben. Und trotzdem ist das bisher Erreichte, auch in Anbetracht der Voraussetzungen, fantastisch. Die Kommune zählt heute auf Facebook, eineinhalb Jahre nach Start, mehr als 3.000 Fans – bei knapp 13.000 Einwohnern. Mit durchschnittlich 1 bis 2 Postings pro Tag hat sich der Kanal nicht nur gut entwickelt, sondern als einer der wichtigsten der Gemeinde etabliert. Und das, obwohl Facebook in der Marktgemeinde Hard nicht nur für die “Friede-Freude-Eierkuchen”-Themen herhalten darf und muss. Im Gegenteil. Wie die Diskussion rund um die Aufnahme von Flüchtlingen in der Marktgemeinde Hard beweist, kann die Kommune auf Facebook auch bei polarisierenden Themen ihr Profil schärfen und die Themenführerschaft behaupten. Wie? Indem den Sorgen der BürgerInnen Raum gegeben, die Ängste ernst genommen – und sachlich und zeitnah geantwortet wird.
Mit Bürgern im Gespräch
Ein Beispiel? So hatte der Kommentar eines Bürgers, der sich über die Aufnahme von Flüchtlingen in Hard brüskiert hat, eine veritable Diskussion auf der Facebook-Seite zur Folge. Die Gemeindeverantwortlichen reagierten sofort – und ließen in der Online-Community mit folgendem Kommentar aufhorchen: “Flüchtlingen zu helfen ist für uns ein Gebot der Menschlichkeit. Nach dem Aufnahmestopp in Traiskirchen wegen Überbelegung, war rasches Handeln erforderlich, um die dortige Situation etwas zu entspannen. Wir haben uns bereit erklärt, zu helfen. Die direkten Nachbarn der Volks- und Mittelschule Markt wurden bereits vergangene Woche persönlich informiert. Weitere Informationen gibt es in der Septemberausgabe der Gemeindezeitung “hard”. Beste Grüße, Frank Angerer, Marktgemeinde Hard.” Auch wenn einige Kommentare hart an der Grenze des guten Geschmacks vorbeischrammten – ähnlich wie auf allen anderen Online- und Offline-Plattformen auch: Die Diskussion war größtenteils produktiv, die Gemeinde sah sich nicht veranlasst, korrigierend einzugreifen.
Hohe Reichweite auf Facebook
Und auch in weiterer Folge zeigte sich, dass Facebook ein mehr als geeigneter Kanal war und ist, den Umgang der Gemeinde mit Flüchtlingen positiv zu kommunizieren. Mehrere hundert HarderInnen interagierten mit den Beiträgen, die Reichweite einzelner Posts, die sich inhaltlich dem Thema Flüchtlingen widmeten, sprengte alle bisher dagewesenen Rekorde – mehrere tausend Personen nahmen das Engagement der Gemeinde wahr. Freilich nicht zwangsläufig nur positiv. Aber: Die aktive und engagierte Community entzog Hetzern und rechten Rabauken die Diskussionsgrundlage, negative Tendenzen waren in weiterer Folge de facto kaum mehr erkennbar.
Social Media in der Gemeinde: Kleines Budget, hohe Erfolgsquote
Eine Entwicklung, die freilich nicht über Nacht einsetzte. Die Marktgemeinde Hard hat im Vorfeld des Facebook-Starts beobachtet, Strukturen angepasst und gelernt. Um das Seiten-Wachstum vor allem im Anfangsstadion zu forcieren, wurde auch ein kleines Budget zur Steigerung der “Gefällt mir”-Angaben auf Facebook investiert. Klein auch deshalb, da aufgrund der eingeschränkten Zielgruppe kein Streuverlust vorhanden war. Die Konsequenz: Die hohe emotionale und regionale Nähe der Facebook-Seite hatte einen ausgesprochen niedrigen CPC bzw. eine hohe Erfolgsquote zur Folge. Heute setzt man (überwiegend) auf organische Reichweite – und die darf sich, allen voran im Vergleich mit anderen Seiten in Vorarlberg, sehen lassen: Zwischen minimum 500 und bis zu mehr als 6000 Menschen erreicht die Marktgemeinde Hard pro Posting auf Facebook. Auf welchem anderen Kanal wäre das für die Gemeinde im Jahre 2015 möglich? Der direkte Kontakt wird aber nicht nur von der Gemeinde genutzt: Zahlreiche BürgerInnen treten ganz niederschwellig und unkompliziert über Facebook mit Problemen, Informationsbedarf oder anderen Themen mit der Gemeinde in Kontakt.
Gemeinde Hard zeigt sich zufrieden
Auch in der Kommune selbst ist man mehr als zufrieden. „Unsere Facebookseite sehen wir als ideale Ergänzung zu unserer monatlich erscheinenden Gemeindezeitung „hard“ und unserer Homepage, sie ist eine zusätzliche und zeitgemäße Informationsschiene, auf die wir nicht mehr verzichten möchten”, sagt Frank Angerer, für den Bereich Kommunikation in der Marktgemeinde Hard und den Facebook-Auftritt der Kommune verantwortlich. “Wir können wichtige und interessante Meldungen, Infos, Veranstaltungshinweise u.ä. kurzfristig und damit brandaktuell transportieren und so viele Harderinnen und Harder zeitnah erreichen. Und das findet großen Zuspruch, wie gegenwärtig über 3.000 ‘Likes’ für unsere Facebook-Seite eindrucksvoll beweisen.“
Es ist Zeit zu handeln
Was können andere Gemeinden von Hard lernen? Es ist höchst an der Zeit zu handeln. Eine aktive, bürgernahe und zeitgemäße Kommunikation mit den BürgerInnen muss im Jahre 2015 auch für die Verwaltung höchstes Gebot sein. Das ein nachhaltiger Erfolg eine durchdachte Vorarbeit und Strategie benötigt, beweist die Marktgemeinde Hard eindrucksvoll. Schnellschüsse führen nachweislich nicht nur nicht zum Erfolg – sondern können sich im schlimmsten Fall sogar kontraproduktiv auswirken.