Es ist mit­tler­weile ein alter Hut, dass jed­er – ob Unternehmen oder auch Pri­vat­per­so­n­en – ver­sucht, auf Social Media sich etwas schön­er, erfol­gre­ich­er, jünger, ein­fach bess­er darzustellen, als es der Real­ität entspricht. Das ist auch legit­im. Denn Social Media ist ein Mar­ket­ing-Tool, im pro­fes­sionellen wie auch pri­vat­en Kon­text. Doch was, wenn die opti­mierte Darstel­lung das Indi­vidu­elle ver­drängt. Eine Beobach­tung, die wir in let­zter Zeit häu­fig gemacht haben. Beson­ders in ein­er Branche: der Hotel­lerie.

Am Anfang war Face­book. Face­book, wer sich noch erin­nern kann, war eine Plat­tform, auf der man sich direkt mit Men­schen aus­tauschte, mit denen man zumin­d­est in irgen­dein­er Form schon mal per­sön­lichen Kon­takt hat­te, die man kan­nte, mit denen man gemein­same Inter­essen teilte. Die Bilder, die man damals oft noch unbe­dacht online stellte, waren aus heutiger Sicht grauen­haft. Face­book war da, um Verbindung zu hal­ten, um Men­schen, die nicht Teil des täglichen, per­sön­lichen Lebens sind, zumin­d­est virtuell nah zu sein. Social Media eben. 

Fast for­ward: Wir schreiben das Jahr 2024 – Social Media ist längst nicht mehr aus einem guten Mar­ket­ing Mix wegzu­denken. Social Media geht weit über die Meta-Plat­t­for­­men hin­aus und wird von den Nutzer*innen mit wenig Naiv­ität und mit großer Lei­den­schaft für die per­fek­te Selb­stin­sze­nierung bespielt. Die ein­stige Nähe zu den Follower*innen und das Indi­vidu­elle gehen dadurch stark ver­loren. Was bleibt, sind schöne Bilder und Texte – aber Inhalte mit einzi­gar­tigem Charak­ter zu find­en wird immer rar­er. 

 

Die Gleichschaltung der Darstellung am Beispiel der Hotellerie

Wagen wir einen Ver­such: Suche dir rasch drei, vier Hotels raus – natür­lich auf dem dig­i­tal­en Weg. Egal, ob du sie kennst oder nicht. Geh auf ihre Social-Media-Kanäle und lasse diese kurz auf dich wirken. Was fällt dir auf? Warte, lass mich rat­en. Richtig schöne Bilder, Nahauf­nah­men von edlen Kissen und Kerzen und wun­der­schöne Eck­en, die meist noch mit einem noblen Ses­sel ergänzt sind, Vorhänge, Tis­che- und Ses­sel­stilleben, ein Bil­dauss­chnitt, der ein per­fekt gemacht­es Bett erah­nen lässt, deliz­iöse Speisen im opti­malen Licht serviert, ein mit Bedacht platziert­er Stuhl am Schreibtisch, eine Design­er­vase hier, eine Auss­chnitt, der im Hin­ter­grund eine schöne Bar mit edlen Leucht­en zeigt, geschlossene, aber meis­ter­lich gefer­tigte  Zim­mertüren, Trep­pen – und, hier und da (aber sehr sel­ten), sind sog­ar mal schöne (!!) Men­schen zu sehen. 

Und nun sei ehrlich: hast du das Gefühl, dass du ver­schiedene Unterkün­fte – oder doch immer irgend­wie die gle­ichen gese­hen hast? Es macht  keinen Unter­schied mehr, ob das (Well­ness) Hotel in Muntlix oder in Bad Fuck­ing ist: zu unter­schei­den sind nur noch die wenig­sten – zumin­d­est auf ihren Social-Media-Auftrit­ten. Es sind die immer­gle­ichen, oft sog­ar kalt anmu­ten­den, see­len­losen Bilder und Motive, die sich wieder­holen. Stil­isierte Auf­nah­men, die man sich als Poster zu Hause an die Wand hän­gen kön­nte. Aber Per­sön­lichkeit, Charak­ter, Einzi­gar­tigkeit ste­hen nicht auf auf dem Brief­ing der Con­tent Creator*innen. Jede und jed­er will sich und ihr/sein Unternehmen von der per­fek­ten Seite präsen­tieren – dabei sind es die Eck­en und Kan­ten, das Imper­fek­te, das Wieder­erkennbarkeit und Nähe erzeu­gen. Und: Die per­fek­te Insze­nierung kann der Real­ität nicht stand­hal­ten. Sprich: Als Gast werde ich immer ent­täuscht, denn die Real­ität kann die durch hochglänzende Per­fek­tion verur­sachte Erwartung nicht erfüllen.

 

Weg vom schönen Schein – hin zur Glaubwürdigkeit

Klar, Social Media ist ein Mar­ket­ing-Tool und natür­lich ste­ht hin­ter den Social-Media-Aktiv­itäten (organ­isch) von Unternehmen der Plan, mehr Men­schen auf sich aufmerk­sam zu machen, stärk­er in den Köpfen präsent zu sein und natür­lich auch, zu verkaufen. Auf Social Media geht es aber nicht primär um das Verkaufen, son­dern um Steigerung der Marken­bekan­ntheit, Rep­u­ta­tion und Com­­mu­ni­­ty-Build­ing. Deshalb: Weg von der reinen Wer­beäs­thetik – Mut zu Authen­tiz­ität und sicht­baren Emo­tio­nen. 

Die Dinge zeigen, wie sie sind – her mit den echten Bildern

Was gilt es also für Unternehmen (am Beispiel der Hotel­lerie) zu tun, damit sie in ihren Social-Media-Auftrit­ten nah­bar, glaub­würdig und weniger aus­tauschbar wer­den? Mut zur Real­ität ist die Devise! 

  • Einen Feed etablieren, der Raum bietet für tat­säch­liche Ein­blicke in den Hote­lall­t­ag! Was passiert hin­ter den Kulis­sen, zeig her die viele Arbeit, die hin­ter gelebter Gast­fre­und­schaft steckt. Zeige die Men­schen (keine Mod­els), die den Gästen die Wohlfüh­lat­mo­sphäre ermöglichen – nicht den kalten Stuhl, auf dem sie sitzen wer­den.
  • Werde dir dein­er eige­nen Alle­in­stel­lungsmerk­malen bewusst. Auch wenn sich die Social-Media-Auftritte in der Hotel­lerie sehr ähn­lich sind, hat (fast) jedes Hotel Merk­male, die es ausze­ich­nen und unter­schei­d­bar machen.
  • Trage die Brille dein­er Gäste. Das heißt:  Über­lege dir, was möchte ein Gast über uns wis­sen, damit er sich für einen Aufen­thalt bei uns entschei­det oder immer wieder gerne zu uns kommt. Oder anders gefragt: Glaub­st du wirk­lich, dein zukün­ftiger Gast inter­essiert das per­fek­te in Szene geset­zte Stil­lleben dein­er Vase tat­säch­lich?
  • Gute Bilder sind gut genug! Wir kön­nen es nicht oft genug wieder­holen. Social Media ist kein Hochglanz­magazin. Es braucht für Social Media keine Stu­dio­qual­ität. Oft genügt es, wenn ein*e Mitarbeiter*in, mit etwas Gespür und Know-how für die Social-Media-Bild­wel­ten, das Smart­phone zur Hand nimmt und Momente fes­thält. Es darf hemd­särmelig und authen­tisch sein.
  • Belebte Bild­wel­ten. Ein Hotel ohne Men­schen ist tot. Der Hotel­be­trieb lebt von der Präsenz von Men­schen. Auch das sollte sich auf Social Media spiegeln. Tut es aktuell aber häu­fig nicht. Wir wis­sen aus unserem All­t­ag: Es ist schwierig, Gäste, die sich erholen wollen und ihre Ruhe haben möcht­en, zu bit­ten, auf den Social-Media-Kanälen abgelichtet zu wer­den. Und ganz ehrlich: Das ist eine Herkule­sauf­gabe. Oft hil­ft etwas Charme und Gespür, Garant für die Zus­tim­mung wird es aber nicht sein. Klar ist aber: Social Media ohne Men­schen ist wie das Hotel ohne Men­schen – tot. ! Tipp: Berück­sichtige in dein­er Strate­gie „User Gen­er­at­ed Con­tent” – sprich: Inhalte, die deine Gäste während ihres Aufen­thalts auf ihren eige­nen Kanälen posten. Ehrlich­er und authen­tis­ch­er wird Social Media nicht.
  • Unter­hal­tung darf sein. Es passieren doch immer wieder lustige Dinge, kleine Mal­heurs, die uns zum Schmun­zeln brin­gen. Humor muss auch bei Social Media einen fix­en Platz haben. Selb­stironie darf sein. Auch im Hotel­be­trieb. Denn hin­ter den Kulis­sen läuft nicht immer alles rund, das erwartet auch nie­mand. Das zu teilen, zeugt von Größe und Pro­fes­sion­al­ität. 

Bye, bye Hochglanz, willkommen Authentizität

Zum Schluss brin­gen wir nochmal den viel bemüht­en Begriff der Authen­tiz­ität ins Spiel. Aber ohne geht es nicht. Wer Social Media macht, der sollte den Mut zum Echt­en mit­brin­gen und sich nicht hin­ter schö­nen Fas­saden ver­steck­en. Du musst die Rah­menbe­din­gun­gen der genutzten Social-Media-Kanäle ken­nen und deinen Con­tent diesen Geset­zmäßigkeit­en unterord­nen. Viel wichtiger aber ist, dass deine Inhalte glaub­würdig sind. Denn es geht um Inter­ak­tion, um Aus­tausch, um Nähe. Wer Per­fek­tion bewun­dert, ver­har­rt in Bewe­gungslosigkeit – und wird nicht zum aktiv­en Mit­glied der Com­mu­ni­ty. 

Also: Weg mit den makel­losen Bildern (sie müssen nicht ver­ban­nt wer­den, aber sie soll­ten nicht dominieren)! Her mit der unvol­lkomme­nen Real­ität!